Viel Lob gab es in den deutschen Feuilletons – und auf der
Krimi-Bestenliste der «Zeit» – für «Trost» von Andrew Brown (Original:
«Solace», Zebra Press/Random House Struik, Capetown, 2009; Deutsch: aus dem
südafrikanischen Englsich von Mechthild Barth, 2014, btb Verlag/Random House,
München, 351 Seiten; ***). Der Krimi um Inspector Eberard Februarie, der
zwischen die Fronten eines vermeintlichen Glaubenskriegs zwischen Juden und
Muslimen gerät, spielt mit brennenden Zeitproblemen. Was nervt, sind langatmige
Erklärungen zu den Religionen. Und was Andrew seinen Figuren zum Teil in den
Mund legt, liest sich wie ein Traktat über Toleranz zwischen den Religionen.
Nichts gegen die Message an sich, aber bitte etwas weniger plump!
Noch plumper hantiert der Schwede Carl-Johan Vallgren in
«Schattenjunge» (Original: «Sliggpojken», unter dem Autorennamen Lucifer, 2013,
Albert Bonniers Förlag, Stockholm; Deutsch: aus dem Schwedischen von Christel
Hildebrandt, 2014, Heyne Hardcore/Wilhelm Heyne Verlag, München, 400 Seiten; *)
mit simplen Klischees. Ganz in der Tradition von Stieg Larsson setzt sich da
ein Randständiger gegen eine superreiche, verkommene Unternehmerfamilie durch.
Nichts gegen sozialkritische Kriminalliteratur. Wie es ohne
wohlfeiles Moralisieren gehen kann, zeigt der irische Autor Gene Kerrigan mit
«Die Wut» (Original: «The Rage», Harvill Secker, London, 2011; Deutsch: aus dem
Englischen von Antje Maria Greisiger, 2014, Polar Verlag, Hamburg, 292 Seiten;
****). Der angenehm unaufgeregt, auf billige Effekte verzichtend erzählte Krimi
spielt im Dublin während der Bankenkrise. Held ist Detective Bob Tidey, ein
Mann, der tun will, was richtig ist. Was einer Karriere nicht unbedingt gut
bekommt.
Fast ebenso nervig wie plumpes Moralisieren ist
überbordender Sauglattismus. Eigentlich ist man ja gewarnt, wenn auf der
Buchrückseite «Die Quintessenz aus Proust und Porno» angedroht wird.
«Mistery Girl» von David Gordon (Original: «Mystery Girl», Thomas &
Mercer/Amazon Publishing, 2013; Deutsch: aus dem Englischen von Stefanie
Jacobs, 2014, Suhrkamp Verlag Berlin, 412 Seiten; **) beginnt zwar ganz munter
als etwas überdrehte Verwechslungsgeschichte, gespickt mit vielen Bezügen zur
Populärkultur. Doch je länger der Roman sich hinzieht, um so abstruser wird der
Plot. Und um so mehr langweilen die Ausschweifungen, mit denen der Autor zeigen
will, was er alles weiss, und vor allem die langatmigen inneren Monologe, die
sich schon mal über mehr als 20 Seiten ohne einen Absatz hinziehen.
Vergnüglicher liest sich «Töte deinen Chef» von Shane Kuhn
(Original: «The Intern’s Handbook», Simon & Schuster, New York, 2014;
Deutsch: aus dem Englischen von Conny Lösch, 2014, DuMont Buchverlag, Köln, 320
Seiten; ***). Die als «Leitfaden für Praktikanten» angelegte Geschichte –
Praktikanten sollen sich am besten als Auftragskiller eignen, weil sie
sozusagen unsichtbar sind – im Anwaltsmilieu bietet aber auch nicht mehr als ein
bisschen nette Unterhaltung.
Einen raffinierten und ziemliche unheimlichen Plot strickt
der bekannte Drehbuchautor Stephen Carpenter («Ocean’s Eleven») in seinem
ersten Roman «Killer» (Original: «Killer», Amazon Kindle, 2010; Deutsch: aus
dem Englischen von Birgit Schöbitz, 2014, AmazonCrossing, Luxemburg, 332
Seiten; ***1/2): Jack Rhodes, der sich nach dem Suizid
seiner Verlobten fast zu Tode gesoffen hat, feiert als Schriftsteller Erfolge,
er arbeitet bereits am vierten Band seiner «Killer»-Serie. Doch dann scheint
ein echter Killer die Morde nach dem Vorbild des ersten Buches ausgeführt zu
haben. Das Problem dabei ist allerdings, dass die Morde schon vor dem
Erscheinen des Buches stattfanden – und Rhodes darum zum Hauptverdächtigen
aufsteigt. Spannend und gut erzählt.
Wie man Spannung erzeugt, weiss auch Gregg Hurwitz. «Flieh
um dein Leben» (Original: «You’re Next», St. Martin’s Press, New York, 2011;
Deutsch: aus dem Englischen von Wibke Kuhn, 2014, Knaur
Taschenbuch/Droemer-Knaur, München, 539 Seiten; ***1/2) ist bereits sein achter Roman
auf Deutsch. Ein kleiner Bauunternehmer in Kalifornien, der eben eine «grüne»
Siedlung hochgezogen hat, wird zusammen mit seiner Familie aus heiterem Himmel
bedroht und verfolgt. Offenbar haben es Auftragskiller auf ihn abgesehen, und
es scheint irgendwie um die mysteriöse Herkunft des Mannes zu gehen. Der Plot
erweist sich gegen Ende als ziemlich abenteuerlich, und er ist letztlich auch
nicht viel mehr als ein Vehikel zur Erzeugung von Spannung.
Nathan Larson war bisher als Musiker und Filmkomponist
bekannt. Sein erster Roman ist auf Deutsch unter dem an 9/11 erinnernden, aber
meiner Meinung nach nicht so gut funktionierenden Titel «2/14» erschienen
(Original: «The Dewey Decimal System», Akashic Books, Brooklyn, 2011; Deutsch:
aus dem amerikanischen Englisch von Andrea Stumpf, 2014, Diaphanes,
Zürich-Berlin, 255 Seiten; ****). Die Geschichte spielt nach den Ereignissen
vom Valentinstag, eben 2/14, durch die weite Teile New Yorks zerstört wurden.
Die Stadt ist weitgehend entvölkert. Ein ehemaliger Soldat, der unter dem Namen
Dewey Decimal in der New York Public Library haust und dort die Bücher neu
sortiert, wird von einem Überbleibsel der Stadtverwaltung als Ermittler und
Killer in der apokalyptischen Stadtlandschaft eingesetzt. Eine eigenwillige,
originelle Geschichte, gut erzählt. Leider hält der zweite Dewey-Decimal-Roman
«Boogie Man» (Original: «The Nervous System», Akashic Books, Brooklyn, 2012;
Deutsch: aus dem amerikanischen Englisch von Andrea Stumpf, 2014, Diaphanes,
Zürich-Berlin, 284 Seiten; ***1/2 ) nicht mehr ganz, was
der erste versprochen hat. Die im ersten Band noch beklemmende Geschichte
verkommt fast ein bisschen zur Krawallnummer. Dazu trägt auch die forciert
schnoddrige Sprache bei – nichts gegen starken Slang, wo er Sinn macht, aber
hier scheint der um Selbstzweck zu werden. Warten wir ab, was der die Trilogie
abschliessende Band «The Immune System», der im Original für Mai 2015
angekündigt ist, bringen wird.
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