09.02.2015

Max Annas – Die Farm

2014, Diaphanes, Zürich-Berlin, 188 Seiten


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Der erste Satz
24. August, 17.32 h
«Ich bin ja kein Rassist», sagte Franz Muller, machte eine Pause und schaute auf das Loch in seinem Zaun.

Das Buch
Um 17.32 Uhr beginnt das Buch, nachts um 2.49 Uhr endet es. Die wenigen Stunden dazwischen erleben wir aus verschiedenen Perspektiven. 
Um 17.32 Uhr fällt der erste Schuss. Beschossen wird die Farm von Franz Muller irgendwo in der südafrikanischen Provinz Ostkap. Im Haus verbarrikadieren sich die weisse Farmer-Familie, ein paar schwarze Arbeiter und ein paar zufällig Anwesende: eine Nachbarin, ein Vertreter, ein Polizist, ein Handwerker. Es wird eine lange Nacht, niemand weiss, was eigentlich los ist.
Der in Südafrika lebende deutsche Autor Max Annas verzichtet auf irgendwelche Erklärungen. Die kurzen Passagen aus der Sicht immer wieder wechselnder Personen erzählen vor allem, was aus der Sicht der jeweiligen Person gerade passiert, zeichnen Dialoge nach, und dazu gibt es ein paar kurze Gedanken der Person, keine längeren inneren Monologe. Dennoch kann sich der Leser mit der Zeit mehr und mehr ein Bild machen, was da warum abläuft. Trotz aller Dramatik und der ohne Effekthascherei nüchtern geschilderten Brutalität gibt es auch beiläufigen, trockenen Humor.
Am ersten Baum angekommen, stoppte McKenzie und machte mit ihren Händen ein Zeichen, liegenzubleiben. Die Bäume waren nicht sehr massiv. Ein Township-Junge hätte sich hinter einem verstecken können. Ein ANC-Politiker eher nicht.
Etwa eine Stunde nach Mitternacht fallen die letzten Schüsse. Und das Buch ist fast zu Ende. Keine Erklärung, keine Auflösung, man weiss nicht einmal genau, wie viele Menschen ihr Leben verloren haben.
Die Geschichte ist nur scheinbar einfach aufgebaut und erzählt; Annas versteht es geschickt, den Leser in die Geschichte hineinzuziehen, und aus den Fetzchen von Fakten ergibt sich mit der Zeit ein Bild des Geschehens. Aus den Textfragmenten ergibt sich nicht gerade eine Analyse, aber doch eine eindrückliche Momentaufnahme zum derzeitigen Leben auf dem Land in Südafrika.

Der Autor
Max Annas, *1963 in Köln, war Musikjournalist, Sachbuchautor und Dokumentarfilmer. Er lebt heute in Südafrika, wo er an der University of Fort Hare in East London an einem Forschungsprojekt über südafrikanischen Jazz arbeitet. «Die Farm» ist sein erster Roman.

Der letzte Satz
Wenn er nach Hause kam, würde er die Kinder aus dem Shack nach draussen schicken und mit seiner Frau schlafen.



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