23.07.2014

Stefano Piedimonte – Im Namen des Onkels

(«Nel nome dello zio», Ugo Guanda
Editore, Parma, 2012)

Aus dem Italienischen von Maja Pflug und Friederike Hausmann

2014, DuMont, 252 Seiten

***1/2



Der erste Satz
«Also, schiess los: Was ist so dein Ding?»

Das Buch
Der Zio, der Onkel, ist ein Mafiaboss in Neapel. Er schlägt sich mit allerlei illegalen Geschäften herum und muss auch sonst so dies und das regeln. Zum Beispiel dem Verkehrs-referenten der Stadt klar machen, dass er eine Einbahnstrasse in der falschen Richtung verfügt hat; ein an der Strasse wohnender Mafioso muss jetzt immer um den ganzen Block fahren, um nach Hause zu kommen. Dieser «Irrtum» der Planer muss nun korrigiert werden. Er macht dem Referenten Maltradotto mit einer sozusagen als Gleichnis heran-gezogenen Episode aus «Big Brother», klar, dass er das einfach tun muss. Er komme im vor wie Gaucho aus der TV-Sendung, der nichts für eine Mitspielerin, die immer für ihn da war, tun wollte:
«Jetzt, lieber Verkehrsreferent, baue ich dir eine kleine Eselsbrücke: Wir sprechen von der BB-Staffel im Jahr 2009. Weisst du, wie es für Gaucho ausgegangen ist?
Maltradotto schüttelte zum dritten Mal den Kopf.
«Er wurde eliminiert.»
Danach spurt der Referent. «Big Brother» ist die grossen Leidenschaft des Onkels. Keine Folge hat er verpasst in den letzten zwölf Jahren. Donnerstagabend um 9 ist er für niemanden zu sprechen, auch nicht für den mächtigen ’Ndrangheta-Boss, der einmal verspätet ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt aufkreuzte und unverrichteter Dinge wieder abziehen muss.
Eines Tages nun entgeht der Onkel nur knapp seiner Verhaftung. Jemand hat ihn verraten. Aber wer? Der Onkel taucht mit seiner Gattin unter. Bevor er weiss, wer der Verräter ist, bleibt er unerreichbar für alle. Nachdem seine Freunde herausgefunden haben, wer ihn verraten hat, schleusen sie einen ihrer kleinen Dealer Anthony als Kandidat bei «Big Brother» ein, um dem Onkel auf diesem Weg die wichtige Nach-richt zu übermitteln. Anthonys Mutter, bei der er noch lebt, darf nicht wissen, dass er sich beim TV bewirbt – sie hält ihn für einen anständigen Jungen der nur ein bisschen Drogen verkauft und klaut.
Stefano Piedimonte erzählt diese aberwitzige Geschichte nicht linear, sondern auf geschickte Weise zeitlich verschachtelt. Sein Roman ist eigentlich mehr eine Satire über die TV-versessene italienische Gesellschaft als ein Krimi, unverkrampft gesellschaftskritisch und mit viel schwarzem Humor.
Allein schon die Spitznamen sind ein Vergnügen: Der Gangster Bruzzeli zum Beispiel ist so benannt nach Bruce Lee. Und der Gegenspieler von der Polizei, ein kleiner, hässlicher Intellektueller, wurde Woody Allen genannt, bis ihm bei einer Auseinandersetzung eine explodierende Gasflasche das Gesicht entstellte. Seither heisst er Woody Alien.

Der Autor
Stefano Piedimonte, *1980 in Neapel, hat an der Universität L’Orientale in seiner Heimatstadt (die älteste Hochschule für Sinologie und Orientalistik in Europa) studiert und war Kriminalreporter für Zeitungen, TV-Sendungen und Webseiten. Sein erster Roman «Sirial Ciller» erschien 2011. 2012 folgte «Nel nome dello zio», zu dem  auf Italienisch 2013 die Fortsetzung «Voglio solo ammazzarti» erschien. Dieses Jahr sind in Italien zwei weitere Bücher von Piedimonte angekündigt.

Der letzte Satz
Ja, das war der Beginn eines neuen Lebens.





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