20.03.2015

Barry Eisler – Der Zirkel der Macht

(«Inside Out», Ballantine Books, 2010; Author Solutions, 2013))

Aus dem Amerikanischen von Peter Friedrich

2014, AmazonCrossing, Luxemburg, 399 Seiten


***1/2


Der erste Satz
Ulrich starrte Clements an und hoffte, sich verhört zu haben.

Das Buch
Barry Eisler weiss aus eigener Tätigkeit, wie Geheimdienste funktionieren. Sein neuer Thriller um Ben Treven, der für eine geheime Sondereinheit arbeitet, basiert auf einer tatsächlichen Begebenheit: Die CIA soll 92 Foltervideos vernichtet haben. In Eislers Roman wurden die Videos allerdings nicht vernichtet, sondern geklaut. Und die US-Regierung wird damit erpresst. Daraus entwickelt Eisler eine spannende Geschichte, in der er mit ätzendem Sarkasmus politische Machenschaften darstellt:
Ein ungeschriebenes Gesetz der amerikanischen Politik lautete, dass der Sündenbock dem Ausmass des Skandals angemessen sein musste. Bei Abu Ghraib hatte es genügt, ein paar einfache Soldaten zu opfern. Watergate dagegen hatte den Rücktritt des Präsidenten erfordert. Und die Regel hatte noch ein weiteres wichtiges Element: Je mehr ein Politiker sich auf die nationale Sicherheit als Rechtfertigung berufen konnte, desto geringer war die Auswirkung des Skandals. Darum wäre Clinton über seinen Blowjob beinahe gestolpert, während der Vorwurf von Kriegsverbrechen sich problemlos abbiegen liess.

In der Hoffnung, ungeschoren davonzukommen, lassen die Politiker den Erpresser jagen. Dabei kommt Ben Treven zum Einsatz. Doch auch andere Organisationen wie FBI und CIA verfolgen in dem Fall ihre eigenen Interessen, was zu allerhand Konfusionen und Verwicklungen führt.
Aber nicht nur die Politik ist da ein zentrales Thema, sondern auch die Folter an sich, die Eisler grauenerregend schildert. Und seit den letzten Enthüllungen über die Methoden, welche die CIA anwendet, wissen wir, dass diese Schilderungen keineswegs übertrieben sind. Eisler zweifelt auch die Wirkung der Folter an; einen, der es wissen muss, lässt er in seinem Roman sagen:
«Die Leute behaupten immer, sie würden Folter anwenden, um Informationen zu erhalten. Doch dazu gibt es viel bessere Wege. Man foltert nicht nur, weil man Informationen haben will. Man foltert, weil man foltern will.»

Die neueren Romane Barry Eislers wirken etwas schwerfälliger als seine virtuose Reihe um den Auftragskiller John Rain. Das liegt vor allem an seinem Bestreben, seine politische Mission unmissverständlich klarzumachen. Am Schluss des Buches stehen mehrere Seiten Quellenhinweise, die zeigen, dass vieles in der Geschichte nicht erfunden ist, sowie eine ausführliche Bibliografie zum US-Folterprogramm, zu Guantánamo, Bürgerrechten und zur «Komplizenschaft zwischen Regierung und Medien». Auf der einen Seite ist Eislers Engagement bewundernswert und sehr ehrenhaft, auf der anderen Seite schlägt es aber leider schon etwas auf die literarische Qualität. Es ist zu hoffen, dass der eigentlich ausgezeichnete Autor in seinen künftigen Werken eine bessere Balance findet.

Der Autor
Barry Eisler, *1964 in New Jersey, arbeitete nach dem Studium als verdeckter Agent bei der CIA und war danach im Silicon Valley und in Japan als Fachanwalt für Technologie und als Manager für Unternehmungsgründungen tätig. Ab 2002 machte er mit seiner Thriller-Reihe um den amerikanisch-japanischen Auftragskiller John Rain («Tokio Killer») als Autor Furore. Die sieben auf Deutsch(bei Scherz und als Fischer Taschenbücher) erschienen Titel der Reihe werden derzeit auf Wunsch des Autors mit neuen Titeln bei AmazonCrossing neu aufgelegt. Ein neuer, der achte, John-Rain-Roman erschien auf Englisch 2014. Eisler, der in der Bay Area von San Francisco lebt, bloggt unter dem Titel «The Heart of the Matter» engagiert über Bürgerrechte, Folter und das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit.

Der letzte Satz

Ja, wenn es darum ging, Schaden anzurichten, war der innere Zirkel der Macht ein verdammt guter Ort dafür.



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