04.03.2015

Joe R. Lansdale – Das Dickicht

(«The Thicket», Mullholland Books, New York, 2013)

Aus dem Amerikanischen von Hannes Riffel

2014, Tropen / J. G. Cotta’sche Buchhandlung, Stuttgart, 331 Seiten

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Der erste Satz
Als Grossvater zu uns rausgefahren kam und mich und meine Schwester Lula abholte und zur Fähre karrte, ahnte ich nicht, dass alles bald noch viel schlimmer werden oder dass ich mich mit einem schiesswütigen Zwerg zusammentun würde, mit dem Sohn eines Sklaven und einem grossen, wütenden Eber, geschweige denn, dass ich mich unsterblich verlieben und jemand erschiessen würde, aber genau so war’s.

Das Buch
Seine Romane, die vor rund hundert Jahren in East Texas spielen und deren Hauptfiguren Jugendliche sind – nach «Dunkle Gewässer» jetzt «Das Dickicht» –, sind eigentlich nicht wirklich Kriminalromane. Der brillante texanische Autor Joe R. Lansdale, der in verschiedensten Genres stilsicher zu Hause ist, verbindet da ebenso unbekümmert wie virtuos Elemente von Western, Abenteuergeschichte, Entwicklungsroman und Krimi zu einer höchst bekömmlichen Mischung voll von schwarzem Humor, blutiger Gewalt und ergötzendem Kennenlernen der Welt, wie sie wirklich ist. Auch wenn die Hauptfiguren junge Menschen an der Schwelle zum Erwachsenwerden sind, ist das keineswegs Jugendliteratur.
Der erste Satz fasst eigentlich das ganze Buch schon sehr schön zusammen. Nachdem die Eltern von einer Pockenepidemie dahingerafft wurden, will der Grossvater Jack, den Ich-Erzähler und dessen Schwester zu einer Tante nach Oklahoma bringen. Unterwegs geraten sie jedoch an üble Ganoven, die den Grossvater erschiessen und die Schwester entführen. Der junge Jack sucht Verbündete, um Jagd auf die Gangster zu machen. Dass er sich dabei ausgerechnet in eine junge Dame aus dem horizontalen Gewerbe verguckt, macht das ganze Schlamassel für den frommen Jungen auch nicht einfacher.

Ich gelangte zu der Feststellung, dass mir nichts anderes übrig blieb, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen, aber ganz ehrlich, ich hatte Magengrimmen dabei und spürte, wie mir Jesus vorwurfsvoll eine Hand auf die Schulter legte. Mir wurde sogar eine Weile ganz warm von der Nähe des Herrn, bis ich entdeckte, dass mir ein Vogel auf die Schulter geschissen hatte.

Im Lauf der Geschichte muss Jack lernen, dass Ratschläge von Predigern auf dem harten Weg durch raue Zeiten wenig hilfreich sind und dass man besser mal richtig zulangt, als die andere Backe hinzuhalten.
Witzig, spannend; ein schönes Lesevergnügen.

Der Autor
Joe R. Lansdale, *1951 in Gladewater, Texas, ist ein erfolgreicher Autor, der in verschiedenen Genres mehr als 40 Romane veröffentlichte. Zunächst widmete er sich vor allem dem Horror- und dem Science-fiction-Genre. Bekannt ist er auch für Western und für seine witzige Krimireihe um Hap und Leonard. Lansdale ist vielfach preisgekrönt, er erhielt u.a. neun Mal den Bram Stoker Award, wurde mit dem British Fantasy Award, dem American Horror Award, dem Edgar Award und dem World Horror Convention Grand Master Award ausgezeichnet. Neben der Literatur beschäftigt sich Lansdale auch mit Martial arts, Kampfkünsten. An seiner eigenen Martial-arts-Schule in Nacogdoches, Texas, unterrichtet er ein eigenes Selbstverteidigungssystem; er wurde in die United States Martial Arts Hall of Fame und in die International Martial Arts Hall of Fame aufgenommen. Die Country-Sängerin Kasey Lansdale ist seine Tochter; Sohn Keith ist Journalist und Drehbuchautor. Lansdale lebt im Städtchen Nacogdoches in East Texas.

Der letzte Satz
Und dieser Gedanke beunruhigte mich nicht im Mindesten.



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