(«Blitz», The Do-Not Press, London 2002).
Aus dem Englischen
von Len Wanner.
Polar Verlag, Hamburg 2017, 251 Seiten
Der erste Satz
Der Psychiater
starrte Brant an.
Das Buch
Zuerst einmal serviert Brant den Polizeipsychiater ab,
und dies ziemlich brutal und hinterfotzig. Dann muss Detective Sergeant Brant
seinem Chief Inspector beistehen, dessen Frau eben bei einem Verkehrsunfall ums
Leben gekommen ist. Brant hat da auch ein bisschen Grund zum Trauern, hatte er
doch ein Techtelmechtel mit der Verunfallten. Die Trauer der beiden Polizisten
führt zu einem grösseren Besäufnis, aus dem Brant, als harter Hund berüchtigt,
schneller wieder auftaucht als Roberts.
Ein Irrer, der berühmt werden will und sich mit Wodka
und Red Bull aufputscht, dem «Kokain des einfachen Mannes», hat derweil begonnen,
Londoner Polizisten umzubringen. Bei Falls, einer schwarzen Kollegin von Brant,
schafft es der Copkiller nicht, er erwischt nur den mit ihr befreundeten
Skinhead, der dazwischen geht. Vom rassistischen, sexistischen Superintendenten nach Brixton versetzt, verfällt Falls
dem Koks, das sie Dealern abnimmt. Und der Dumpfbacke des Reviers fällt ein
fälschlicherweise verfolgter Buchhalterlehrling im dritten Stock aus dem
Fenster. Wer die Kollegen umbringt, wissen die Polizisten bald,
anklagetaugliche Beweise fehlen aber. Doch es gibt ja auch andere als
rechtsstaatliche Methoden.
Ziemlich irrwitzig und wüst, gleichzeitig aber auch sehr
munter geht es zu und her im jetzt auf Deutsch erschienenen Krimi «Brant». Es
ist der vierte Band einer siebenteiligen, auf Englisch von 1998 bis 2007
erschienenen Reihe des Iren Ken Bruen; auf Deutsch gibt es bereits zwei spätere
Titel («Kaliber» und «Füchsin», Polar Verlag).
Brant ist ein ziemlicher Kotzbrocken, der seine
sentimentale Seite öffentlich gut verbirgt. Er bescheisst, wo er kann, er lügt,
spinnt Intrigen. Sein Prinzip: möglichst gegen jede und jeden, ob Freund oder
Feind, etwas in der Hand haben, um sich Vorteile zu verschaffen. Und er liebt
die Polizeiromane des Amerikaners Ed McBain. Wogegen gar nichts einzuwenden
ist. Ken Bruen zeigt sich in seinen Romanen immer wieder als sehr belesen,
insbesondere auch als Kenner der Kriminalliteratur. Und oft auch als Liebhaber
melancholischer Musik, ob von irischen Bänkelsängern oder amerikanischen
Hillbillys.
Der 66-jährige Ken Bruen ist einer der herausragenden
aktiven Vertreter der Crime-Noir-Schule. Als «Noir» werden Krimis der eher
düsteren Art bezeichnet, bei welchen nicht am Schluss ein Fall sauber gelöst,
der Täter gefasst und damit die Welt wieder in Ordnung ist. Romane auch, die
sich nicht selten um existenzielle Fragen drehen
Bruen erzählt seine Geschichten gleichzeitig beinhart
und hochkomisch, in einer direkten, rauen Sprache. Und er tut das so brillant,
dass einem als Leser selbst ein Typ wie Brant nahegeht und fast schon
sympathisch wird. Klar, dass die rabenschwarze Story über die Jagd auf den
durchgeknallten Polizistenmörder ein wüstes Ende findet.
Der Autor
Ken Bruen, *1951 in Galway, Irland, hat seit 1993 mehr
als 30 Bücher veröffentlicht. Im deutschen Sprachraum ist er vor allem für
seine schräge Serie um den irischen Ermittler Jack Taylor (12 Bände, 9 davon übersetzt
von Harry Rowohlt im Atrium Verlag erschienen) bekannt, die Vorlage für eine
TV-Serie war. Sehr lesenswert sind aber auch die drei zusammen mit dem
amerikanischen Autor Jason Starr geschriebenen Romane um Max Fischer und Angela
Petrakos (2006 bis 2008; Deutsch bei Rotbuch erschienen) und überhaupt alles,
was er geschrieben hat und noch schreibt. Alles sehr schwarz, sehr witzig, sehr
gescheit.
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