15.09.2014

Ross Thomas – Fette Ernte

(«The Money Harvest», William Morrow, New York, 1975)

Aus dem Amerikanischen von Jochen Stremmel

2014, Alexander Verlag Berlin, 341 Seiten
(die deutsche Erstausgabe erschien stark gekürzt 1975 unter dem Titel «Die Millionenernte» bei Ullstein)

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Der erste Satz
Der mit Hammerzehen geschlagene Freund und Berater von sechs US-Präsidenten war natürlich nicht tot.

Das Buch
Dem Alexander Verlag gebührt grosses Lob für seine Ross-Thomas-Edition, in der als 13. Werk jetzt «Fette Ernte» erschienen ist. Dies mag zwar nicht der allerbeste Ross-Thomas-Thriller sein, aber er ist gut, wie alle Werke dieses Autors. «Ein Roman von Ross Thomas ist nicht einfach ein Krimi oder ein Polit-Thriller, sondern eine diabolische Analyse unserer politischen Verhältnisse», stellte schon der deutsche Autor Jörg Fauser (1944–1987) fest (dessen höchst lesenswertes Werk übrigens ebenfalls als Edition im Alexander Verlag vorliegt). Die meisten Romane von Thomas sind zwar schon früher auf Deutsch erschienen, allerdings zumeist in teils sehr stark gekürzten Versionen, die praktisch nur noch den reinen Plot übrig liessen und alles, was nicht zwingend zum Ablauf gehörte, eliminierten. Dabei sind es neben den spannenden, realistischen Plots vor allem auch die genauen Beschreibungen, die ätzende Ironie und die lockeren Witze, die Wesentliches zum grossen Lesegenuss beitragen. So auch in dieser Geschichte, in der es um einen grossangelegten Betrug mit Warentermingeschäften im Rohstoffhandel geht.
In einer Nachbemerkung dokumentiert der Übersetzer Jochen Stremmel, wie verstümmelt die deutsche Erstausgabe war. Zum Beispiel fehlte, neben vielen anderen, diese hübsche, kleine Passage über den US-Präsidenten:
Obwohl er kein übermässig intelligenter Mann war, hatte er schliesslich gelernt, wie man gleichzeitig geht und Kaugummi kaut, obwohl es Leute gab, die beschworen, er habe den Trick erst nach heimlichem Mitternachts-training hingekriegt.

Der Autor
Ross Thomas, *1925 in Oklahoma City, †1995 in Los Angeles, war Journalist, PR-Fachmann, Wahlkampfberater für Politiker und Gewerkschaftssprecher. In Bonn baute er in den 1950er-Jahren das AFN-Büro (American Forces Network; Radio für die Angehörigen der US-Streitkräfte in Europa) auf. Mit 40 schrieb er seinen ersten Roman, «The Cold War Swap» (1966; «Kälter als der Kalte Krieg»); bis zu seinem Tod folgten 24 weitere Romane. Er zählt, neben dem Briten Eric Ambler, zu den besten Politthriller-Autoren seiner Zeit.

Der letzte Satz

Der Elektrolux-Staubsauber saugt säuberlich all das in seine Eingeweide auf, was von Crawdad Gilmore übrig war, dem mit Hammerzehen geschlagenen Freund und Berater von sechs US-Präsidenten.


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