08.12.2014

Oliver Harris – London Underground

(«Deep Shelter», Jonathan Cape, London, 2014)

Aus dem Englischen von Gunnar Kwisinski

2014, Karl Blessing Verlag, München, 445 Seiten


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Der erste Satz
Er versuchte gerade, einen Augenblick zur Ruhe zu kommen, als der Wagen auftauchte.

Das Buch
Nick Belsey ist zurück. In «London Killing» (2012; Original: «The Hollow Man») hatte sich der originelle Antiheld ziemlich in die Scheisse geritten. Der korrupte Detective der Londoner Polizei benutzt seinen Job mit Vorliebe, um in den eigenen Sack zu wirtschaften. Zu Beginn des zweiten Belsey-Romans will er es eigentlich gemütlich angehen lassen.

Belseys Schicht enthielt zwei Vierzehnjährige mit Stichwunden und einen verärgerten Gast, der den Pub in der Nachbarschaft mit einer Bohrmaschine attackiert hatte. Um Viertel vor fünf war er der Meinung, seinen Beitrag zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung geleistet zu haben. Er hatte in einer Seitenstrasse der Hampstead High geparkt, einen doppelten Wodka in einen Eis-Cappuccino aus Nicaragua-Espresso gekippt und die Lehne nach hinten gestellt. In einer Stunde war Feierabend, und ein paar Stunden danach hatte er ein Date mit einer Kunststudentin, die er vor Kurzem wegen Drogenbesitzes festgenommen hatte. Jetzt musste er nur noch darauf achten, dachte er, dass er nicht noch mehr Blut auf den Anzug bekam.

Doch ein vorbeirasender Wagen macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Belsey verfolgt den Wagen. Der Raser lässt das Auto stehen und verschwindet spurlos in einer Sackgasse. Das führt Belesey in einen alten Bunker, wo er ein paar interessante Sachen vorwindet: Vorräte von alten Medikamenten und Kisten voller Alkoholika. Nick Belsey beschliesst, sein Date hierher auszuführen. Doch das kommt gar nicht gut – die junge Frau wird entführt.
Oliver Harris lässt in einem heissen Sommer in London Relikte des kalten Krieges aufleben. Die verrückte Geschichte spielt zu wesentlichen Teilen in unüberschaubaren unterirdischen Anlagen, die grösstenteils heimlich erstellt wurden, um in einem Atomkrieg Schutz zu bieten. Da Belsey selbst in den Fall verwickelt ist, ermittelt er auf eigene Faust und gerät schliesslich selbst ins Fadenkreuz seiner Kollegen. Doch im Verlauf seiner Ermittlungen macht Belsey politisch brisante Entdeckungen. So wird «London Underground» vom witzigen Klamaukkrimi mehr und mehr zu einem klaustrophobischen Politthriller.

Der Autor
Oliver Harris, *1978 im Londoner Norden, studierte englische Literatur und Psychologie. Die beiden Belsey-Krimis sind seine ersten literarischen Werke. Zur Zeit arbeitet Harris an einer Dissertation über Psychoanalyse und antike Mythologie. Er lebt in London.

Der letzte Satz
Belsey hörte zu, bis er bei Michael Forrester angekommen war.


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