19.07.2014

Martin Walker – Reiner Wein

(«The Resistance Man»,
Quercus Publishing, 2013)


Aus dem Englischen
von Michael Windgassen


2014, Diogenes, 412 Seiten

***


Der erste Satz
Es war kurz nach Tagesanbruch gegen Ende des Frühjahrs, das voller Versprechen auf den kommenden Sommer war.

Das Buch
Der erste Satz deutet schon an, dass die Bruno-Romane von Martin Walker, dies ist bereits der sechste, eher betulich daherkommen. Das ist nicht hardboiled. Doch – oder wohl gerade deswegen – die Krimis, die in einer Kleinstadt im südwestfranzösischen Périgord spielen, sind sehr beliebt und erfolgreich; sie erscheinen bereits in 15 Sprachen. Auch auf Französisch.
Bruno ist Chef de Police im beschaulichen Saint-Denis, das aber immer mal wieder mit dramatischen, kriminellen Ereignissen kon-frontiert wird, die Bruno dann nach einigen Irrungen und Wirrungen klären kann. Im neuen Band «Reiner Wein» ist es vorerst eine Einbruchserie in Ferienhäuser begüterter Ausländer, dann kommt auch noch ein Mord dazu, und alles hat offenbar irgendwie auch mit einem spektakulären Geldtransport-Überfall der Résistance im späten Kriegsjahr 1944 zu tun. Die Geschichte des französischen Widerstands im Zweiten Weltkrieg scheint Martin Walker sehr zu interessieren. Nicht zum ersten Mal kommt sie in der Bruno-Serie vor, und die diesbezüglichen Ausführungen und Erklärungen geraten teils etwas länglich.
Der schottische Autor liebt aber vor allem auch das Périgord. Seine Beschreibungen von Land und Leuten könnte die regionale Tourismuswerbung fast 1:1 übernehmen. Dabei kommen auch kulinarische und önologische Betrachtungen nicht zu kurz.
Etwas nervig ist auf die Länge die Darstellung des Helden, der hier ein wahrer Superheld ist. Ortspolizist Bruno klärt nicht nur kompli-zierte Kriminalfälle, er ist auch die gute Seele des Städtchens, trainiert die Rugby-Mannschaft und lehrt Kinder Tennis spielen, er besorgt schon mal einer alleinerziehenden Mutter in Nöten einen guten Job und ist auch sonst überall als Gutmensch zur Stelle, wo man ihn braucht. Tapfer widersetzt er sich sturen Bürokraten. Die Damenwelt liegt im zu Füssen, er ist ein meisterlicher Koch, zieht eigenes Gemüse im Garten, hält Federvieh, sammelt Trüffel, geht auf die Jagd, reitet, renoviert sein altes Haus, er ist ein Weinkenner – man bekommt mit der Zeit das Gefühl, es gebe nichts, wirklich gar nichts, was Bruno nicht kann.
Dennoch haben die Romane einen gewissen Charme, auch dank dem zwischen ernsthaften Abhandlungen immer mal wieder aufblitzenden, augen-zwinkernden Humor und der pittoresken Szenerie. Als unkomplizierte und unterhaltsame Ferienlektüre taugen sie daher allemal.

Der Autor
Martin Walker, *1947 in Schottland, ist Historiker und war während 25 Jahren politischer Journalist bei der englischen Tageszeitung «The Guardian». Heute leitet er einen Think-Tank für Topmanager in Washington D.C. Er hat bisher sieben Romane veröffent-licht und lebt in Washington und im Périgord.

Der letzte Satz

Hätte er sich auch dann der Gefahr gestellt, wenn Isabelle noch mit seinem Kind schwanger gewesen wäre?








Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen