29.12.2014

Stephen Hunter – Shooter

(«Point of Impact», Bantam Dell, 1993)

Aus dem Amerikanischen von Patrick Baumann

2014, Festa Verlag, Leipzig, 637 Seiten
(erschien auf Deutsch erstmals 1994 in einer gekürzten Fassung unter dem Titel «Im Fadenkreuz der Angst», übersetzt von Bernhard Josef, im Paul List Verlag und 1996 als Taschenbuch bei Goldmann)

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Der erste Satz
Es war ein kalter, nasser Novembermorgen im westlichen Arkansas, eine trostlose Dämmerung nach einer trostlosen Nacht.

Das Buch
Bob Lee Swagger war einer der besten Scharfschützen im Krieg in Vietnam. Heute lebt er zurückgezogen in den Ouachita Mountains in Arkansas. Waffen und Schiessen sind sein Lebensinhalt. Aber er schiesst nicht mehr, um zu töten. Hirsche mit grossem Geweih betäubt er und sägt ihnen die Hörner ab, damit niemand das Tier der Trophäe wegen abschiesst. Doch eines Tages besuchen zwei militärische Typen den Einsiedler und locken ihn mit spezieller Munition zu einem Testschiessen. Auf dem Schiessplatz vermutet Swagger schnell, dass die Truppe von der CIA oder einem anderen Geheimdienst ist. Und tatsächlich ziehen sie ihn geschickt in ein abenteuerliches Projekt, das dem Vaterland dienen soll. Doch das Ganze entpuppt sich als raffiniert gestellte Falle. Und Bob Lee Swagger wird als Staatsfeind gejagt. Doch Swagger ist ein harter Hund, der sich nicht leicht übertölpeln lässt. Er macht selbst Jagd auf seine Widersacher.
Stephen Hunter erzählt das als beinharte und höchst spannende Geschichte. Man spürt die Leidenschaft des Autors – und seines Helden – für Präzisionswaffen und das Schiessen. Man mag das problematisch finden, für Hunter ist das Schiessen aber keineswegs einfach Action und Rumballern, wie zum Beispiel für Don Winslow in «Vergeltung», sondern eine Art Lebensphilosophie. Wie es etwa Leute gibt, die sich mit Leib und Seele für mechanische Uhren begeistern, gibt es solche, die die Waffentechnik faszinierend finden, und das ist durchaus nachvollziehbar. Im Roman «Shooter» kommt zudem ein brisanter politischer Hintergrund dazu, bei dem es um Aktivitäten amerikanischer Geheimdienste in El Salvador geht. Und auch darum, wie Geheimdienste noch geheimere Ableger bilden, die sich an keine Regeln mehr halten, auch im eigenen Land nicht. So ist «Shooter» nebenbei auch ein intelligenter Politthriller.
Hunter ist ein brillanter und gescheiter Erzähler, sein Roman bleibt über mehr als 600 Seiten unglaublich fesselnd. Dem (oft angefeindeten) Festa Verlag gebührt Lob dafür, dass er dieses starke Stück in vollständiger Fassung auf Deutsch zugänglich macht. Und soeben ist auch der zweite Roman um Bob Lee Swagger unter dem Titel «Nachtsicht» bei Festa auf Deutsch erschienen.

Der Autor
Stephen Hunter, *1946 in Kansas City, Missouri, war Filmkritiker, zuletzt 1997 bis 2008 bei der «Washington Post»; 2003 wurde er als Kritiker mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Sein erster Roman «The Master Sniper» erschien 1980; seither veröffentlichte er über 20 Bücher, darunter auch Sachbücher mit Texten zu Filmen. Die 1993 mit «Point of Impact» (Deutsch: «Shooter») gestartete Serie um Bob Lee Swagger umfasst inzwischen neun Bände, eine Spin-off-Serie um dessen Vater Earl Swagger drei Bände. «Point of Impact» wurde 2006 unter dem Titel «Shooter» mit Mark Wahlberg als Bob Lee Swagger verfilmt. Stephen Hunter ist passionierter Pistolen-Sportschütze; er lebt in Baltimore, Maryland.

Der letzte Satz
«Wir können ihn zusammen mit dem Baby in meinem Bauch grossziehen.»




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